Als ich 13 Jahre alt war kam mein lieber Kieferorthopäde mal wieder auf die nette Idee, mein Gebiss zu röntgen.
Gesagt-getan. Nach wenigen Minuten warten im Behandlungszimmer betritt mein Kieferorthopäde mit einem breiten Grinsen den Raum.
„Hey, du bist ja eine richtige Ausnahme! Hier sind ein paar Zähnchen zu viel!“
Ein Blick auf das Bild bestätigte es- Hinter meinen oberen Weisheitszähnen waren kleine weiße Schatten zu erkennen, das bedeutete- Ich gehöre zu den etwa 0,2% der Bevölkerung, die 9er besitzen! Super.
Mein Kieferorthopäde klärte uns darüber auf, dass man zwar jetzt noch nicht beurteilen kann, ob die Dinger raus müssen,aber wir sollten definitiv mit 15 oder 16 Jahren nochmal ein Bild machen und dann,falls nötig, möglichst schnell auf eine OP zurückkommen.
Riesen Schock für mich. Ich hatte bisher nichts als Horrorstorys von solchen OP’s gehört und mir wurde es total Angst und Bange. Also hab ich probiert, das Ganze zu vergessen.
Hat auch ganz gut funktioniert, bis ich 16 war. Meine Mutter hat begonnen, sich Sorgen zu machen. Egal, ob wir nun beim Zahnarzt, Kieferorthopäden oder Freunden, die vom Fach sind, waren, immer fragte sie nach, was derjenige dazu denkt. Ich reagierte darauf jedes mal panisch, ich wollte einfach davon nichts wissen.
Letztendlich gab es aber unterschiedliche Meinungen. Unsere Freunde meinten, egal was ist, grundsätzlich Weisheitszähne raus, meine Zahnärztin meinte sie glaubt sie müssen raus und mein Kieferorthopäde meinte, dass es auch sein kann, dass wenn sie gerade herauskommen, sie auch drin bleiben könnten.
Nun zögerte ich das Ganze wieder heraus und kam zu dem Entschluss- Bevor ich keine Probleme mit den Dingern habe, lass ich sie auch nicht rausmachen!
Nunja, jetzt bin ich 17 und mache mir langsam Gedanken über meine Zukunft, wobei fest steht, dass ich ein Jahr nach dem Abitur ins Ausland möchte, hier kam unter anderem für mich ein Au Pair-Jahr in Frage, weshalb ich mir mehrere Youtube-Videos darüber anschaute und letztendlich auf ein Video stieß, bei der ein Mädchen davon berichtete, dass sie jetzt in den USA ist, ihre Weisheitszähne auf einmal durchbrechen und sie nicht weiß, was sie jetzt machen soll.
Das gab mir gehörig zu denken. Was ist, wenn mir das selbe passieren würde?
Nach vielem Nachdenken und Grübeln entschied ich mich- raus mit den Weisheitszähnen!
Kurz darauf machten wir einen Termin beim Zahnarzt, wo ein neues Röntgenbild angefertigt wurde. Als die Ärztin mit dem Bild ins Zimmer kam, hat sie erstmal kräftig geschluckt. Nicht wegen der Tatsache, dass ich 6 Weisheitszähne habe, sondern weil die Oberen dazu noch extrem tief im Kiefer lagen, die eine Seite hatte auch total verbogene Wurzeln.
Die unteren lagen sehr typisch schräg verlagert, mit Wurzeln, die gefährlich nah am nerv zu sein schienen.“ Ich entferne ja normalerweise auch Weisheitszähne, aber bei diesen Zähnen MUSS ich sie zur Chirurgie schicken!“
Hatte ich zwar sowieso vor, dennoch ist „Beruhigend“ was anderes…
Einige Wochen darauf hatte ich eine Beratungstermin bei einem Chirurgen.
Bis dahin hab ich sehr viel gegooglet, was für Möglichkeiten es gibt,und mir erschien die Dämmerschlaf-Narkose am angenehmsten. Fest stand für mich aber-ich will alle auf einmal entfernt haben. 2 Mal würde ich die Prozedur nicht mitmachen!
Der supernette Arzt schaute sich mein Röntgenbild an und war zwar erstaunt, aber keineswegs unsicher. Er erklärte mir, dass er 4 Weisheitszähne auf einmal unter Lokalanästhesie täglich entfernt und 9er seien normalerweise nur sehr schlecht ausgebildet und deshalb leicht zu entfernen, von daher wäre das nicht viel mehr Aufwand. Ich fragte ihn nach einem Dämmerschlaf, worauf er meinte, dass das kein Problem sei und wir das gerne so machen könnten.
Allerdings stellten wir dann fest, dass es nur sehr wenige Narkose-Termine gibt, der einzige im näheren Zeitraum war 3 Tage vor meinem Urlaub. Das war mir danndoch zu knapp und so entschied ich mich spontan doch für eine Lokalanästhesie.
Eine Woche später war es dann soweit. Ich war die ganze Zeit bis dahin erstaunlich ruhig geblieben, erst, als ich dann ins Behandlungszimmer gerufen wurde, haben ich auf einmal angefangen, wie wild zu zittern, auf dem Stuhl kamen mir dann auch die Tränen und ich bekam kaum Luft. Eine Arzthelferin versuchte, mich zu beruhigen, jedoch ohne Erfolg. Kurz darauf kam der Arzt herein und setzte mir die Spritzen, welche eigentlich erträglich waren, und die Wirkung setzte schnell ein. Mir fiel es aufeinmal unglaublich schwer, zu schlucken, weshalb ich in höllische Panik verfiel.
Der Arzt fragte mich, ob er anfangen kann, und ich nickte, weil ich es einfach hinter mich bringen wollte. Ich merkte schnell, dass man ja wirklich gar keine Schmerzen spürt, und entspannte mich ein wenig. Die Geräusche störten mich nicht. Als es dann aber ans Knochen aufbohren ging, floss mir plötzlich unglaublich viel Blut in den Rachen, was ich runterschluckte. Die Helferin sagte zu mir, ich solle es nicht schlucken, sondern den Hals vollaufen lassen, sie saugt es ab. Aber das ging nicht! Mir wurde schlecht, wenn ich es nicht geschluckt habe!
Er hatte an einem unteren Zahn begonnen-und der dauerte ewig. Er musste ihn in Stücke teilen, wobei ich erst einen kurzen Schmerz verspürte, es wurde direkt nachgespritzt und dann war alles wieder taub. Aber dann wurde mir auf einmal schwindelig, ich meldete mich für eine kurze Pause und bekam ein Pulsmessgerät an den Finger. Als er dann weiter machte und mit dem unteren Zahn fertig war,war ich erstmal erleichtert. Er hatte mir erklärt, dass obere Weisheitszähne deutlich einfacher zu entfernen seien, deshalb dachte ich, dass diese recht flott gehen würden. Tja, falsch gedacht.
Die Oberen auf der Seite, wo die Wurzeln so verbogen waren, saßen wirklich im allerletzten Winkel meines Kiefers, weshalb mir auch ordentlich der Mund aufgerissen werden musste. Er werkelte wirklich eeewig daran rum und es floss noch mehr Blut. Ich hörte von der Arzthelferin, dass diese sagte:“ Für 9er sind die aber gaaanz schön groß!“
Die andere Seite ging erstaunlicher Weise sehr fix.
Nach der Op bekam ich 2 Kühlpacks und die Anweisung, den ersten Tag komplett durchzukühlen. Ich solle aber in 2 Tagen wieder kommen,um „Streifen“ zu wechseln.Was das bedeutete, hatte ich keine Ahnung, war mir aber auch egal.
Ich fühlte mich wie eine Behinderte. Ich spürte noch nichts in meinem Mund, mir lief unkontrolliert blutiger Speichel aus dem Mund, mein Shirt war in Sekundenschnelle vollgetropft.
Ich nahm direkt eine Schmerztablette, was sich als schwierig gestaltete, da mir das nachgetrunkene Wasser einfach wieder aus dem Mund herauslief.
Als die Betäubung aber nachlies, ging es mir schlagartig besser. Zwar konnte ich den Mund kaum bewegen, hatte aber kaum Schmerzen und meine Wangen waren schon wieder fast normal, ich hatte auch brav den ganzen Tag gekühlt.
Am nächsten Morgen aber kam die Schwellung. Es war nicht so dick wie erwartet, aber trotzem alles andere als schön. Leichte, aber kontinuierliche und nervtötende Schmerzen kamen dazu. Die Schwellung stieg bis zum Tag, an dem der „Streifenwechsel“ stattfand. Eine Arzthelferin zog mir locker 5cm lange, dünne Verbandstreifen aus den unteren Wunden, die in die Wunde eingenäht waren. Ich konnte es kaum fassen und ekelte mich zu Tode, zudem brannte es auch ganz schön.Sie erklärte mir, dass das zum Sekretabfluss diene.
Ab dann ging es laaangsam aber sicher bergauf. Heute, 6 Tage nach der OP, bekam ich die Fäden gezogen. Und ich muss sagen, ich bin da ein Ausnahmefall bei dem das WIRKLICH weh getan hat! Aber jetzt habe ich glaub ich das Größte überstanden und kann laaaaangsam mich auch wieder an normale Lebensmittel herantasten und wieder in die Schule gehen( War die letzte Woche zuhause und habe nur Babybrei gegessen).
Alles in allem war es schon erträglich, zumindest die Schmerzen(natürlich auch mit Hilfe von IBU). Das schlimmste ist meiner Meinung nach einfach, dass einem der Heilungsprozess eewig vorkommt. Aber Gott sei Dank habe ich ja alle Zähne auf einmal ziehen lassen und hab den Stress hinter mir 🙂