Meike, 17: Nur keine Panik

Meike, 17: Nur keine Panik

Also, ich hatte selbst vor der einfachen Backenzahnversiegelung damals solche Angst, dass ich im Behandlungsraum fast in Ohnmacht gefallen bin. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich von der Nachricht, dass alle vier Weisheitszähne rausmüssten, nicht gerade begeistert war. Zwischen der Diagnose und dem OP-Termin lag nur eine Woche, in der ich versucht habe, nicht daran zu denken, aber besonders Abends stieg immer wieder Panik in mir hoch und geschlafen habe ich kaum noch. Ich hatte mich für örtliche Betäubung entschieden, da ich selbst die Kontrolle über die Behandlung behalten wollte und in der Not den Abbruch einleiten könnte. Die Narkose barg mir zu viele Risiken.

Aus purer Angst war mein Magen schon am Tag vorher wie zugenagelt, seit 18 Stunden vor der OP aß ich nichts mehr. Als ich dann am Mittwoch um 10 Uhr in die Praxis meines Kieferchirurgen kam (alleine, weil meine Eltern beide arbeiten mussten), wurde ich freundlich begrüßt, doch ich war kurz davor, wegzulaufen. Doch dann ging es ganz schnell: Ich wurde hereingerufen, gefragt, ob ich bereit sei (ich sagte nein, aber der Chirurg sagte, alles werde gut), und dann wurden die Spritzen gesetzt. Das Gefühl ist jetzt nicht wunderbar, aber Schmerzen hat man dabei nicht. Man spürt halt eine Berührung, aber sonst ist es durchaus in Ordnung. Trotzdem stand ich ziemlich unter Stress, weshalb mein Kreislauf mir Schwierigkeiten machte und mir schwindelig wurde. Der Chirurg sah das sofort und hat mir sehr geholfen: Ich habe ein Kühlkissen in den Nacken bekommen und meine Füße wurden hochgelegt, nach ein paar Minuten ging alles wieder.

In der Zwischenzeit waren meine Unterlippe und Zunge vollständig taub, was das Sprechen unmöglich machte. Mein Chirurg sagte, ich könne jetzt Musik hören, wenn ich wollte, also packte ich meine Headphones aus und stellte die Playlist an, die ich vorher schon erstellt hatte und mit „Ablenkung“ benannt hatte. Darauf waren lauter laute und bassintensive Songs, die wunderbar Geräusche übertönen.

Die Assistentin und der Chirurg fingen asp an, in meinem Mund zu basteln, und ich habe wirklich nichts davon gemerkt – nach zwei Minuten, der erste Song war noch nicht mal zur Hälfte rum, waren die beiden oberen schon draußen. Unten wurde es dann schwieriger, die mussten beide Zähne teilen (mit einer Art Fräse, was sich nicht so schön anhört), aber auch das hat nur 15 Minuten gedauert. Gespürt habe ich davon nichts außer einer Art Druck, der aber überhaupt nicht schmerzhaft ist. Nach nichtmal 20 Minuten war das ganze vorbei. Der Zahnarzt stupste mich an, damit ich meine Augen wieder aufmache, und bedeutete mir, dass ich es geschafft hätte.

Man überreichte mir feierlich eine kleine Dose mit meinen Zähnen drin (was ich damit jetzt soll, weiß ich nicht, etwas eklig ist es auch) und fragte, ob mich jemand abholen würde. Da ich noch immer betäubt war, redete ich sehr komisch, weshalb ich es bevorzugte, alle Antworten auf mien Handy zu tippen. Ich ließ meinen Vater bestellen und wartete im Wartezimmer auf ihn. Man gab mir sofort zwei Kühlpacks, die ich auch behalten durfte, und eine Art Merkblatt, wie ich mich nach der OP verhalten sollte. Ich musste auch auf zwei Tupfer beißen, hatte aber trotzdem einen ziemlich ekelhaften Blutgeschmack im Mund und Schlucken ging nicht so gut. Mir wurde Ibuprofen 600 verschrieben, davon solle ich nicht mehr als vier am Tag nehmen und mit großen Abständen dazwischen.

Als ich dann zu Hause war, nahm ich die Tupfer mithilfe einer Pinzette heraus und setzte mich in aufrechter Position auf den Balkon, um zu warten, bis die Betäubung nachlässt. Ich las ein Buch und schaute dann drinnen etwas fern, natürlich immer mit den Kühlkissen dabei, wenn auch immer mit Pausen dazwischen. (20Min. kühlen, 5 Min. Pause). Um drei Uhr war die Betäubung endlich weg. Die Wunde blutete jetzt auch nicht mehr nach, den Mund bekam ich allerdings fast gar nicht auf.Ich hatte jetzt 26 Stunden nichts gegessen oder getrunken, also versuchte ich es mit etwas grünem Wackelpudding, das klappte sehr gut. Ich nahm abends eine halbe Ibuprofen 600. Zähneputzen ging nicht wirklich, ich putzte nur vorne.

Am nächsten Tag war alles ziemlich geschwollen. Morgens aß ich wieder Wackelpudding und nahm nochmal eine halbe Ibu, um 12 Uhr hatte ich einen Kontrolltermin in der Praxis. Der Chirurg sah sich alles kurz an und war sehr zufrieden. Ich fragte ihn, was ich noch essen könnte, gerade weil ich über Milchprodukte sehr unterschiedliches gehört hatte. Er sagte, ich könne an diesem und dem darauffolgenden Tag Suppe, Joghurt, Milchreis, Pudding, Eis, Weißbrot, Kartoffelbrei und alles andere dünnflüssige essen. Danach sollte ich es schon wieder mit Nudeln und Soße, McDonalds (das ist ja weich und man trainiert, den Mund weiter aufzumachen) und anderen etwas härteren Sachen probieren, die ich einfach kleinschneide. Milchprodukte wären völlig unbedenklich, da ich keine Antibiotika nehme. Er war begeistert, als ich ihm sagte, wie wenig Schmerzmittel ich bräuchte – nicht weil ich besonders tapfer bin, sondern weil die Schmerzen wirklich sehr gering waren.

Nach dem Termin ging ich also sofort los und kaufte Eis und Pudding und Toastbrot und Suppe. Suppe ging wunderbar, man muss sie nur etwas abkühlen lassen. Wenn man das Toastbrot dann hineintaucht, kann man es wunderbar essen. Eine Portion Eis und zwei Schokoladenpuddings fanden auch noch den Weg in meinen Magen, alles ohne jegliche Komplikationen. Die Wunde fing nicht an zu bluten und weh tat auch nichts. Beim Zähneputzen abends ging alles etwas langsamer, aber es ging! An die Zähne ganz oben hinten kam ich nicht so gut ran, aber unten lief alles problemlos. Ich habe mir die Wunde da zum ersten Mal angesehen: Man denkt, da klaffe ein riesiges Loch, aber eigentlich ist es nur ein kleiner Punkt, der mit Nähten versiegelt ist. Auch Zahnseide habe ich wieder benutzt. Ich konnte sogar duschen und mir die Haare waschen, wenn auch nicht zu heiß.

Am dritten Tag habe ich einen Fruchtzwerg gegessen und mir dann wahrscheinlich wieder eine Suppe gemacht. Geschwollen war es zwar immer noch, aber nicht mehr so schlimm wie davor. Man sagt, nach 36 Stunden ist der Höhepunkt erreicht (das war gestern Abend), danach geht es dann wieder aufwärts. Dann habe ich mich an Kartoffelbrei oder Eintopf versucht, Sonntag dann McDonalds.

Am Mittwoch darauf wurden die Fäden gezogen. Ich dachte, da kommt wer weiß was auf mich zu. Es hat ungefähr eine halbe Minute gedauert und man spürt NICHTS, außer dass eine kleine Spannung, von der man gar nicht wusste, dass sie da war, plötzlich weg ist.

Leute, ich sag euch: Macht euch nicht verrückt. Die Zeit davor ist am Schlimmsten! Danach merkt man erst, wie vergeudet all die Energie war, die man mit Angst und Sorgen verschwendet hat.

Ich wünsche euch alles Gute!



1 Kommentare zu Meike, 17: Nur keine Panik

Hinterlasse einen Kommentar:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert