Anna, 21: Halb so schlimm

Anna, 21: Halb so schlimm

Auch ich gehöre zu den Menschen, die sich Zahnbehandlungen schlimmer ausmalen als sie am Ende sind. Ich habe ein bis zwei Jahre gewartet, nachdem ich das erste mal ein drücken der Zähne gesprüt habe, bis ich den Arzt habe röntgen lassen. (Vorher wollte er auch nichts sehen; er war sich sicher, dass meine Backenzähne noch Milchzähne waren…)

Die Panik vorher:
Ich habe zwei Überweisungen zum Kieferchirurgen bekommen (ich konnte zwischen zweien auswählen) und konnte mich zunächst nicht entscheiden, zu welchem im gehen sollte. Als ich mich dann entschieden hatte, durfte ich, mit Baldrian bewaffnet, zwei Wochen auf den Beratungstermin warten. Ich habe verschiedene Unterlagen zugesendet bekommen, unter anderem „Risiken einer Vollnarkose“. Dort standen Risiken wie „gesunde Zähne verlieren“ oder „bluttransfusion kann nötig werden und dann sollte man darüber nachdenken, sich selbst im vorhinein Blut zu spenden, um bloß nicht an HIV zu erkranken […]“ und das hat mir noch mehr den Schlaf geraubt, da ich mir die OP nicht ohne Vollnarkose vorstellen konnte. Teilweise konnte ich die Risiken auch nicht nachvollziehen…

Aber dann kam der Beratungtermin. Zunächst durfte ich mit dem Chirurgen reden, der meinte, dass sich meine unteren Zähne nur noch 1mm über dem berühmten Kiefernerv befinden, aber das Ganze tortzdem ein Kinderspiel für ihn sein wird. Nach diesem Gespräch wurde ich zu der Anästhesistin geführt, die sich meine ausgefüllten Unterlagen gemeinsam mit mir anschaute und zur Narkose nur meinte „Du kriegs ne Spritze, dir wird angenehm warm und das nächste, was du mitbekommen wirst ist, wie du aufwachen wirst.“ Zum Thema Risiken: „Ich bitte Sie, wir ziehen mindestens 20 Zähne am Tag…“

Das Gespräch war natürlich echt beruhigend, und ich habe bis 3 Tage vor der Op ruhig schlafen können, doch dann fingen meine Träume an, amok zu laufen. Zum Beispiel träume ich, dass die Narkose zwar alles Lähmte und ich nichts sah, jedoch alles noch klar hörte.

Die OP:
Ich wurde von zwei Damen in den OP-Raum geführt und nett „Eingeschläfert“. Das Einschlafen fand ich nicht unbedingt besonders angenehm- man hat doch noch mitbekommen, dass man Gifte eingespritzt bekommt, die einem den Verstand rauben. Wenn man sich aber mental drauf einlässt und die augen schließt ist es okay. Ich habe schön geträumt und das erste, was mich geweckt hat war eine Arzthelferin ,die mir im Aufwachraum Kühlpads auf die Backen gelegt hatte. Die OP lief so prima, dass nach 20 Minuten der Chirurg grinsend, mit einem „Daumen hoch“ an meiner Begleitperson vorbeieilte. Die örtliche Betäubung hat meine Backen irgendwie nicht wirklich schmerzfrei gemacht, was aber nicht der Weltuntergang war. Zunächst war ich noch müde, aber so 10 Minuten später war ich fit. Natürlich musste ich etwas länger (60-90 Minuten) auf Beobachtung bleiben. Leider wurde mir dann nach so 30 Minuten mulmig und leicht schwindelig, was bis nach Hause angedauert hatte… Ich wäre lieber gegangen, während es mir gut ging. Es war nicht lustig, sich sicherheitshalber an allem festzuhalten… Mir wurden Rezepte gegeben für Ibuflam, ein leichtes Antibiotikum und für eine antiseptische Mundspüllösung ohne Alkohol und ohne Fluorid. Den Rest des Tages lag ich auf dem Rücken und döste. Ich habe ca. 50 ml Tomatencremesuppe gegessen.

Trotz regelmäßigem Schmerzmittelkonsum waren die Schmerzen gut vorhanden, aber nicht furchtbar schlimm. Ein bisschen Murren und schön eiskalte Kühlpads haben sehr gut geholfen, besser als das Schmerzmittel. Mir wurde geraten, den Mund bis zum Abend nicht zu spülen, damit die Wunden nicht aufgehen, und beim Spülen nicht zu „spucken“, sondern einfach „laufen lassen“. Hätte ich doch länger gewartet! :/ Ich habe am abend meinen Mund gespült, und leider doch noch leichten Druck durch Vorlehnen im Mund aufgebaut; das war mein schlimmstes Erlebnis. Gut, dass ich ein paar Tupfen mitbekommen habe.
Danach habe ich mich kaum getraut, einzuschlafen und bin auch um 4 aufgewacht, weil mein Hinterkopf sich schon wund anfühlte (Ich lag so ja den ganzen Tag). Die Wunden im Mund fühlten sich um einiges besser an und die Schmerzen waren auch nicht mehr so schlimm.
Von meiner „Begleitperson“ habe ich ein weicheres Kissen bekomen und habe dann, nach weiteren 50ml Tomatencremesuppe, weitergeschlafen. Da ich ja dazugelernt habe, hatte ich mir zum Spülen einen Stuhl vor das Waschbecken gestellt, um mich nicht vorlehnen zu müssen. Ich war überrascht, da anscheinend die Wunden verheilt waren.

Trotz pausenloser Kühlung von Vortag wurden meine Backen so Dick, dass ich meine Lippen kaum noch zusammenhalten konnte; blaue Flecken gibt es auch. An diesem Tag habe ich noch 400 ml Tomatencremesuppe zu mir genommen; Püree war undenkbar. Ich habe nur noch gehofft, dass die Bäckchen am nächsten Tag nicht noch dicker werden… Das einzige, was an diesem Tag geschmerzt hatte, waren die Nähte (vom Gefühl her). Wenn man die Backen angefasst hatte, fühlte sich das an wie blaue Flecken.

Heute, am dritten Tag konnte ich tatsächlich Apfelmus frühstücken, ein Gaumenschmaus! 😀 Die Backen sind etwas zurückgegangen und das Schlucken ist nicht mehr soo schlimm. Die Schmerzen sind natürlich zurückgegangen und sind gut erträglich.

Fazit: Ich musste wirklich sehr aufpassen, dass die Wunden an den ersten zwei Tagen nicht aufgingen; das darf man nicht unterschätzen, sonst wird es unangenehm. Selbst das aufsetzen kann viel Druck erzeugen. Die Backen am zweiten Tag sind gar nicht so schlimm gewesen, bis auf die Tatsache, dass irgendwie alle mit diesen Backen putzig aussehen, aber ich wie ein verprügelter Zombie 😀 Damit habe ich mich nicht getraut, auf den Balkon zu gehen ._. Wenn man die ersten zwei Tage überstanden hat, ist alles gut. Zwar kommen noch ein paar erquickende Tage (oder Wochen?! Wie lange dauert es, bis ich wieder ganz normal essen kann?) auf mich zu, aber das schlimmste ist vorbei.

Ich habe mir die Nachfolgen genauso schlimm vorgestellt, aber ich bin besser mit der Situation klargekommen, als ich befürchtet habe.

Tipps: Am besten 6 Kühlpads, wirklich; die Dinger kühlen garnicht so schnell ab, wie man es braucht :/ Eine Antiseptische Mundspüllösung ist echt eine gute Sache. Am ersten Tag muss man sich echt zusammenreißen.

Gott sei Dank, dass man DAS nur einmal durchmachen muss. Wirklich, es ist überstehbar. Und was muss, das muss.



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