Franzi, 19: Bericht einer Angstpatientin (ausführlich)

Franzi, 19: Bericht einer Angstpatientin (ausführlich)

Meine Angst vor dem Zahnarzt fing an als ich etwa drei war. Damals musste mir, wegen einer Eiterblase am Zahnfleisch, ein Zahn ohne Betäubung gezogen werden. Tja das 3 jährige Ich fand das nicht so toll und hatte von diesem Moment an panische angst vor dem Zahnarzt. Als ich älter wurde, wurde es ein wenig „besser“. Sprich ich hab mir selbst eingeredet, dass ich zu alt bin um Angst zu haben – was natürlich völliger Schwachsinn ist, aber eine Zeit lang hat das auch wirklich funktioniert.
Bis vor cirka einem Jahr wo mein Zahnarzt feststellte, dass ich zwei Füllungen benötigen würde. Okay, kein großes Thema, die erste war schnell gemacht, die zweite wurde auf einen späteren Termin verschoben. Um euch nun alle kleinen Details zu ersparen hier eine Kurzzusammenfassung: Die erste Füllung war zu nahe am Nerv, weshalb ich ein Jahr !!! auf der Seite nicht kauen und nichts kaltes trinken/essen konnte. Die ausstehende zweite Füllung wurde versucht, aber OBWOHL er mir ca 6x Betäubungsmittel nachspritzte, spürte ich alles, weshalb ich eine komplette Panikattacke bekam. Ich sollte also ein andermal wieder kommen und die Füllung fertig machen lassen. Mir war schon in dem Moment wo ich die Praxis verließ klar, dass ich da ganz sicher nicht wieder hingehen würde, denn ab diesem Zeitpunkt war meine Zahnarztangst wieder da, wie nie zuvor. Allein der Gedanke daran oder der Geräusch eines Bohrers – egal welches bohrers – brachte mich jedes Mal an den Rand der Tränen.

Also fing ich, wegen nun mangelndem Vertrauen zu meinem alten Zahnarzt, an mich nach einem anderen umzuschauen. Als ich endlich einen gefunden hatte, stellte dieser fest, dass meine Weisheitszähne nicht nur komplett schief lagen und gegen mein restliches Gebiss drückten, sondern dass sich bereits eine Zyste an einem meiner unteren Zähne gebildet hatte und alle vier schnellstens entfernt werden sollten.
Für mich kam das nur mit örtlicher Betäubung absolut nicht in Frage. Ich kann gar nicht sagen wieviel Zeit ich deshalb mit Panik und Tränen verbracht habe. Wie lang ich mit meinen Eltern diskutieren musste, bis sie endlich einsahen, dass für mich keine Möglichkeit außer eine Vollnarkose blieb. Als ich sie dann so weit hatte und wir einen Termin ausgemacht hatten, bei dem nicht nur meine Weisheitszähne, sondern auch meine restlichen Füllungen gemacht werden sollten, war ich zunächst unglaublich erleichtert. Ich würde ja schließlich nichts von all dem mitbekommen…. oder?

Eine Woche vor der Behandlung fing meine Panik wieder an. Was wenn ich aufwache während der OP? Was wenn das Mittel gar nicht erst wirkt? Was wenn ich eine Allergie auf das Narkosemittel hab, von der ich nichts weiß, und dann einfach sterbe? Ich weiß, wenn man das so liest, denkt man ich bin völlig verrückt, aber es waren genau diese Gedanken die mir die größte Panik bereiteten.

Der Tag der OP kommt. Termin ist um 14 Uhr, also genug Zeit für mich mir davor Sorgen zu machen. Um 7 stand ich auf, aß eine Kleinigkeit (6 Stunden vor einer Narkose darf man ja nichts essen) und wartete dann. Die letzten zwei Stunden vor der OP verbrachte ich quasi nur mit Weinen, kam auch ganz verheult in der Praxis an (mein Vater brachte mich mit dem Auto) und weinte dort noch ein wenig mehr. Zum Glück waren sowohl der Zahnarzt als auch der Anästhesist unglaublich freundlich und gingen nochmal alles mit mir durch. Nahmen mir ein wenig die Angst und schwupps, war ich auch schon im Behandlungszimmer. Der Anästhesist und ein recht junger Assistent von ihm, versuchten mich möglichst abzulenken, während mir die Elektroden angelegt und der Zugang in den Arm gestochen wurde. An diesem Punkt war alles was ich sagen konnte nur mehr „Oh gott oh gott oh gott“ und hallelujah, das Gerät an dem ich angehängt war, schlug komplett aus, weil mein Herz so am rasen war. Der junge Assistent meinte ich sollte mir schonmal schöne Träume überlegen und plötzlich wurde mit ganz kribblig warm, von den Füßen bis zum Kopf. Eine Sekunde und ohne Vorwarnung war ich weg. Licht aus, adios.

Als ich ca. 3,5 Stunden später wieder zu mir kam, war ich einfach nur verwirrt. Wusste zuerst nicht wo ich war, wie ich hier hin gekommen bin etc. Mein Vater war bereits im Aufwachraum mit mir und als ich nach einer halben Stunde endlich wieder geistig halbwegs da war, wollte ich auch schon aufstehen und nach Hause gehen. Mir war ein wenig schummrig, fast als wäre ich betrunken, aber mit ein bisschen Unterstützung hab ichs dann doch noch bis zum Auto geschafft. Die OP ist, soweit ich das mitbekommen habe gut verlaufen. Drei der Zähne gingen „halbwegs problemlos“ raus, den vierten mussten sie zerstückeln und einzeln rausnehmen.

Heute ist ein Tag nach der OP und ja also… ich weiß ziemlich genau wo der Zahn war der Probleme gemacht hat. Meine eine Gesichtshälfte ist gar nicht geschwollen, auf der anderen sehe ich aus als hätte ich einen riesigen Tumor im Gesicht. Ich nehme im Abstand von 6 Stunden Schmerzmittel, auf Empfehlung des Arztes, allerdings schmerzt mein Kiefer trotzdem. Heute Nacht hab ich auch mal schön meinen Polster mit Blut vollgesabbert und bin 3x aufgewacht weil der Schlaf so unangenehm war. Ansonsten würde ich sagen hält sich mein schlechter Zustand in Grenzen und ich hoffe die Schwellung geht schnell zurück.

An alle Angstpatienten da draußen, denen es so geht wie mir; Ich will euch nicht sagen, macht euch keine Sorgen es ist ja eh nicht so schlimm. Ich weiß, dass es einem vorher immer unglaublich schlimm vorkommt, auch wenn es das dann im Endeffekt gar nicht ist. Denkt einfach daran, dass wenn ich es schaffen kann, ihr es auch schaffen könnt.



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