Nele, 17: Dämmerschlaf

Nele, 17: Dämmerschlaf

Meine Weisheitszähne waren schon länger am Durchbrechen und das Zahnfleisch öfters entzündet. Da sie recht gerade kamen, wollte mein Zahnarzt eigentlich warten, aber irgendwann entschied ich mich dann doch zum Kieferchirurg zu gehen. Dafür, dass ich echt Panik davor hatte, war es eigentlich total easy. Ich will euch den Ablauf mal etwas schildern.

Vorgespräch
Ich kam hin, es wurde ein Röntgenbild gemacht und dann kam auch schon gleich die Ärztin, die mir das Bild erklärte. Man sah dann gut, dass die unteren Zähne kaum Platz haben und der rechte untere vermutlich nie 100% durchbrechen wird. Sie hat mir daraufhin empfohlen sie ziehen zu lassen und das wollte ich ja auch.
Also hat sie kurz erklärt, dass sie aufschneiden und Knochen entfernen müssen und es danach vernähen und dass es eigentlich nicht so schlimm ist. Sie hat mir örtliche Betäubung empfohlen, ich wollte es nicht so mitbekommen, also haben wir uns auf Dämmerschlaf (50€) geeinigt. Das heißt ein Dormicum / Propofol Mix wie er auch für Magenspiegelungen u.ä. gespritzt wird, meinte sie.
Beim Rausgehen sah ich dann noch ein Mädel (~14-15) die gerade aus dem Aufwachraum durch ihre Mutter gestützt getorkelt kam und dabei jede Wand mitnahm. Das war nicht so toll, wenn man weiß, dass man in knapp vier Wochen genauso durch die Praxis fallen wird, aber da muss man wohl durch und ein bisschen lustig war es ja schon 😀

Vorbereitung
Die Tage davor hab ich mich richtig verrückt gemacht und wollte es fast absagen, aber habe ich dann nicht. Ich habe schonmal Kühlakkus vorbereitet, mir weiches Essen gekauft und mir genügend Filme/Bücher rausgesucht und dann war es auch schon so weit. Im Wartezimmer musste ich, weil sich die OP zuvor etwas verzögerte, noch ca 30 Minuten warten und wurde dann von der Arzthelferin aufgerufen, die sich mir auch direkt mit Vornamen vorstellte und eine gute Atmosphäre schaffte.

Vor der OP
Ich wurde in einen ziemlich normalen Zahnarzt-Raum gebracht. Sollte dann meine Schuhe, Gürtel, Pulli und BH ausziehen. Ersteres damit man einfach bequemer sitzt und die Oberteile, weil sie einen Zugang in die Armbeuge legen, da stört der Pulli und auf die Brüste die EKG-Aufkleber für den Herzschlag kommen.
Dank dem EKG konnte ich dann auch richtig hören wie aufgeregt ich bin. Die Ärztin fragte dann, ob ich noch Fragen habe und begann erstmal damit meinen Mund zu betäuben. Das kann auch im Dämmerschlaf gemacht werden, aber da ich nicht so krasse Panik vor Spritzen habe, wollte sie es davor machen. Dann ist man einfach sicher, dass die Betäubung richtig sitzt. Pro Zahn oben war es viermal pieksen, unten sechsmal, dazu zwei Spritzen in den Gaumen und zwei unter die Zunge. Macht 22x pieksen, nach den ersten paar merkt man es aber nicht mehr, weil dann die Betäubung sich schon verteilt.
Der nächste Pieks ging in den Arm und schon hatte ich meinen allerersten Venenzugang im Leben. Das hab ich mir schlimmer vorgestellt. Während sie den legte, kam eine Helferin mit einer Pappschale mit mehreren Spritzen rein und ich wusste genau „Puh, das da ist die Narkose. Jetzt gehts wohl los“ und ich wurde nochmal richtig nervös.

Dormicum
Die Ärztin meinte, die örtliche Betäubung bräuchte so 10-15 Minuten bis sie voll wirkt. Sie spritzt mir jetzt etwas Dormicum, das braucht auch so ca. 5 Minuten bei den Meisten und dann kommt sie wieder, ich bekomme die „Traumspritze“(Propofol) und sie fangen an. Das letzte was ich rausbekam war ein „Gut,…“ und dann merkte ich schon, wie das Dormicum sich im Körper verteilte. Es war ein witziges Gefühl, als hätte man gerade eine Flasche Sekt auf nüchternen Magen getrunken und mir war plötzlich alles egal. Ich sah nicht mehr 100% klar, alles war leicht duselig und mir gings einfach gut. Ich versuchte noch meiner Freundin zu schreiben, dass ich gleich weg bin, aber man sah am Schreibstil dass ich schon betäubt wurde 😀

Schlummerland
Nach gefühlten 5 Sekunden (in Wahrheit 15 Minuten) stand die Ärztin wieder vor mir und meinte, ob ich bereit sei. Breit grinsend sagte ich „Klar“ und schaute ihr dabei zu (obwohl ich Spritzen gar nicht sehen kann normalerweise) wie sie mir ein dickflüssig, milchiges Mittel (Propofol) in den Zugang spritzte. Der ganze Inhalt war innerhalb von 2-3 Sekunden in meinem Arm verschwunden und sofort kribbelte mein Arm und an der Wand sah ich vier Uhren hängen. Sie fuhr den Stuhl in die Horizontale, während ich erzählen sollte, wie meine Ferien waren. Innerhalb von Sekunden ging das Kribbeln von meinem Arm, durch meine Brüste, runter im Körper bis in die Füße und dann in den Kopf. Ich musste total Lachen, mein Mund schmeckte komisch, meine Augenlider wurden schwer und mitten im ersten Satz „Puh, die Ferien waren…“ ging reden schon nicht mehr. Ich hörte noch ein „Sie ist sehr dünn, das wirkt schnell bei ihr“ und schon war ich mitten in einem Traum. Ich stell mir das von außen witzig vor zuzusehen. Spritze rein, 5 Sekunden warten und schon ist Nele eingeschlummert 😀

Aufwachen
Ich hatte wunderschöne Träume und kam dann langsam zu mir. Zuerst dachte ich es wäre ein normaler Morgen und ich würde in meinem Bett liegen bis ich meinen Mund nicht spürte. Augen aufmachen? – Zu schwer – Zack wieder weg. Vielleicht nochmal probieren – Wieder weg. So ging es wohl über 30 Minuten, meinte meine Mutter, bis ich mal wach blieb und nicht immer wieder einpennte^^ Den restlichen Tag erinnere ich kaum. Bruchstücke wie ich durch die Praxis torkle, kurze Sequenzen am Esstisch wo ich versuche Brei zu essen, aber sonst keine Ahnung. Die Nachrichten die ich verschickt habe waren aber alle sehr, sehr lustig 😀



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