Thomas, 31: Nicht so tragisch.

Thomas, 31: Nicht so tragisch.

Am 22.06. wurden mir meine beiden unteren Weisheitszähne entfernt. Diese waren teilretiniert, also leicht sichtbar und lagen recht eng an den Backenzähnen, sodass ein Putzen dieser erschwert wurde. Ab und zu machte sich auch ein Druck im Unterkiefer bemerkbar, der unangenehm war. Nach Rücksprache mit meiner Zahnärztin wurde mir empfohlen, die Weisheitszahn-OP durchzuführen.

Die Initialberatung mit dem Kieferchirurgen fand aufgrund Corona telefonisch statt. Er hatte meine Röntgenbilder erhalten und mir aufgrund der angelhakenförmigen Wurzel des rechten unteren Weisheitszahnes empfohlen, eine 3D-Volumentomographie durchzuführen, um die Lage der Wurzel zum Nerv besser beurteilen zu können, da bei mir ein gewisses Risiko einer Nervschädigung bestand.

Am Morgen des 22.06. wurde ich dann zum Kieferchirurg gebracht, wo die OP stattfinden sollte. Ich wurde noch kurz über Risiken aufgeklärt. Da ich mich bereits vorab detailliert über die Geschehnisse in meinem Mund informiert hatte, war der Rest glücklicherweise nicht mehr so tragisch. Nach der Durchführung der Volumentomographie wurde ich auf den berüchtigten Stuhl geführt. Nach ein wenig Geplänkel mit dem assistierenden Arzt wurde mir die Lokalanästhesie zunächst auf der rechten Seite gespritzt. Das bedeutet, man bekommt eine Spritze in den Mund, das Pieksen ist unangenehm und das Gefühl, eine Flüssigkeit injiziert zu bekommen, ebenfalls. Wenn die Spritze wirkt, fühlt man nach kurzer Zeit in der betroffenen Region nichts mehr.

Die Spritze wirkte wie erwartet relativ schnell und der Arzt begann auf damit, den Schnitt durchzuführen und das Zahnfleisch vom Knochen zu lösen. Das Ziel war, den Weisheitszahn trotz Nervlage vollständig zu entfernen. Da der Zahn recht tief verankert war, dauerte das vier oder fünf Minuten, in denen der Kieferchirurg teilweise erheblichen Druck auf meinen Kiefer ausüben musste – meines Erachtens nach im Nachhinein auch die Hauptschmerzensquelle. Als ich das Signal gab, dass es gerade zu viel wurde, hatte er eine andere, weniger belastende Methode angewandt, um meinen Kiefer zu fixieren. Schlussendlich war der Zahn draußen, an einem Stück. Der Nerv wurde nicht berührt.

Anschließend erfolgte die Lokalanästhesie auf der linken Seite. Hier wirkte diese zunächst nicht vollständig, sodass ich noch einen leichten Schmerz beim Test verspürte. Es wurde noch mal nachgespritzt. Nachdem die Betäubung wirkte, wurde das selbe Vorgehen wie rechts durchgeführt. Nach einer oder zwei Minuten war der Zahn auch hier draußen, ich wurde genäht und konnte nach kurzer Aufklärung nach Hause. Ich hatte während der Behandlung bis auf die Spritzen keine Schmerzen.

Die Empfehlung war, sofort zu kühlen, was ich auch getan habe. Nach einigen Stunden ließ die Betäubung nach und ein pochender Schmerz machte sich im ganzen Gesicht bemerkbar. Ich nahm eine Ibuprofen, die glücklicherweise schnell half. Um keine Entzündung zu provozieren, konsumierte ich mein Essen in den nächsten Tagen in Breiform durch einen Strohhalm. Insgesamt halb so schlimm.

Am Tag nach der OP war mein Gesicht vor allem rechts sehr geschwollen, die Schmerzen ließen nach und waren recht gut aushaltbar. Der Bluterguss kam etwa einen Tag später dazu. Das Gesicht war an den Wangen gelb gefärbt. Die Schwellung ging nach etwa drei Tagen deutlich merkbar zurück. Da ich nach der Betäubung ein Taubheitsgefühl auf der rechten Seite des Mundes und des Kinns hatte (Level: Parästhesie), hatte ich am Tag zwei nach der OP einen Termin zur Vorstellung beim Arzt. Dieser prüfte mit einer spitzen Pinzette das Empfinden. Ich konnte den Schmerz deutlich fühlen, jedoch wie durch ein Kissen. Das war ein recht merkwürdiges Gefühl. Er gab mir noch Antibiotika mit, die ich für die nächsten drei Tage konsumieren sollte und machte mich noch einmal darauf aufmerksam, dass der Nerv nicht berührt wurde und in meinem Fall die starke Schwellung auf der rechten Seite negativ auf den Nerv einwirken würde.

Entgegen vieler anderer Erfahrungsberichte gingen Schwellung und Bluterguss im Gesicht sehr schnell zurück und auch die Schmerzen hielten sich in Grenzen, jedoch breitete sich, Schwerkraft sei Dank, der Bluterguss nach etwa fünf Tagen in Form eines riesigen Hämatoms über den Hals bis zu meiner Brust aus. Das sah zwar schlimm aus, jedoch war ein großer Teil des Blutergusses bereits gelb gefärbt und daher mehr oder weniger schon in der Rückbildungsphase. Eine Woche nach dem Entfernen der Zähne wurden die Fäden gezogen. Dank guter Wundheilung waren auch auf beiden Seiten die Fäden bereits eingewachsen. Die Entfernung war leicht unangenehm, da die Assistenz es nicht auf beiden Seiten schaffte, aber am Schluss auch innerhalb weniger Minuten vergangen. Das Druckgefühl an den aufgeschnittenen Stellen war auch direkt im Anschluss wesentlich geringer. Insgesamt war alles gut verheilt und nichts entzündet. Auch das Schmerzempfinden im Kinn-Mund-Bereich war schon besser, wenn auch immer noch taub. Ich merkte jedoch, dass ich wieder volles Gefühl in der Unterlippe hatte.

Mittlerweile sind die Fäden seit zwei Wochen draußen und ich habe keine wirklichen Beschwerden mehr. Anfangs konnte ich den Mund nicht weit öffnen, was beim normalen Essen etwas problematisch war, weswegen ich damit nach der OP etwa eine Woche gearbeitet hatte, aber das hat sich wieder normalisiert. Da der extreme Druck durch die zusätzlichen Zähne nicht mehr da ist, fühlt sich der Mundraum stellenweise noch leicht merkwürdig an, aber das ist nur selten und vermutlich Gewohnheit. Vor einigen Tagen hatte ich einen leichten blitzartigen Schmerz im Kinnbereich und nach kurzer Zeit hatte sich das Empfinden auch hier wieder verbessert. Mir ist bewusst, dass eine Nervreizung durchaus lange Zeit zur Heilung braucht, jedoch ist so etwas eine normale Komplikation der Weisheitszahn-OP und ich habe den Eindruck, dass es stetig besser wird. In manchen Situationen denke ich gar nicht mehr daran und ansonsten bin ich auch wirklich froh darüber, dieses Kapitel hinter mir lassen zu können. Ich bin mir sicher, dass das Gefühl wieder zurück kommen wird, auch wenn es sich anfangs merkwürdig anfühlt.

Insgesamt also: halb so schlimm. Ich kann nur empfehlen, sich über das Vorgehen im Mund schlau zu machen – wer entsprechend resistent ist, kann sich auch Videos dazu ansehen und wird merken, dass es sich um einen Standardeingriff handelt und der Kieferchirurg sehr gut dahingehend ausgebildet ist, diesen möglichst schonend auszuführen. Natürlich handelt es sich um eine Verletzung im Mundraum, die eine gewisse Heilungszeit benötigt – aber falls es wirklich akut sein sollte, würde ich eher dazu raten, diese OP durchzuführen als aufgrund Angst zu warten. Es ist nicht tragisch, weder aus Sicht des Schmerzes noch aus Sicht der Schwellung. Der Körper kann das ab und wenn ihr euch Ruhe gönnt, geht das alles schnell wieder vorbei.



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